Der Fall Naval'nyj und die Proteste in Russland
Aleksej Naval’nyj setzte mit seiner Rückkehr nach Russland ein Fanal. Seine Festnahme löste im ganzen Land Proteste aus. Naval’nyjs Video „Putins Palast“ haben sich über 100 Mio. Menschen angeschaut. Das Ansehen des Putin-Systems ist erschüttert, die Unzufriedenheit der Bevölkerung wächst. Das Regime reagiert mit Repressionen. Russland ist in Bewegung. Im Fokus „Der Fall Naval’nyj und die Proteste“ bleibt
Osteuropa der Dynamik auf der Spur.
- Das Naval’nyj-Paradoxon
Das Putin-Regime ist stabil, solange es die grundlegenden Aufgaben eines Staates gegenüber der Bevölkerung erfüllt. Doch etliche Legitimitätsressourcen von Putins Herrschaft haben sich erschöpft. Deshalb setzt das Regime zunehmend auf Repression und grenzt sich von der Außenwelt ab. Aleksej Naval’nyj griff das Regime mit der Veröffentlichung seines Videos über Putin frontal an. Er löste zwar Proteste aus, doch die Kritik am Putinschen Sultanismus trug zur Homogenisierung der Elite bei. Ein Herausforderer, der erfolgreich sein will, muss jenen Gruppen, die dem Regime heute klientelistisch verbunden sind, attraktive Anreize zur Abwanderung bieten.
Weiterlesen - The GULag is still alive
Russia’s penal system has not been reformed since the late-Stalinist period and is essentially managed by the FSB. Alexei Navalny will be sent to one of the many correction colonies that serve as prisons. Conditions in these deeply backward institutions are atrocious, says Olga Romanova, founder of the NGO Russia Behind Bars.
Weiterlesen - Aktive und Träge
Trotz Verboten und Abschreckung gingen Ende Januar Hunderttausende, vor allem junge Menschen in Russland auf die Straße, um gegen die Verhaftung und Verurteilung von Aleksej Naval’nyj zu protestieren. Aus diesen Protesten erwachsen noch keine stabilen politischen Strukturen. Aber sie finden vor dem Hintergrund einer gewachsenen Unzufriedenheit statt. Das Regime reagiert mit Härte. Doch die Gesellschaft lässt sich nicht mehr in Winterstarre versetzen. Was gestern unvorstellbar schien, ist heute in den Bereich des Möglichen gerückt: Putin ist nicht mehr der Quell aller Legitimität, sondern wird zu einer Last, die das Establishment loswerden möchte.
Weiterlesen - „Auf Bajonetten kann man nicht sitzen"
Die Gründerin der NGO „Russland hinter Gittern“, Ol’ga Romanova, sieht im Urteil gegen Aleksej Naval’nyj eine rechtsnihilistische, für Russlands Justiz aber repräsentative Farce. Sie erinnert daran, dass das Strafvollzugssystem seit dem späten Stalinismus nicht reformiert ist, Geheimdienstler dort das Sagen haben und die Haftbedingungen in einem Straflager des Normalvollzugs, wo Naval’nyj inhaftiert sein wird, prekär sind.
Weiterlesen - "Eine neue Generation von Demonstranten"
Seit der Verhaftung von Aleksej Naval'nyj am 17. Januar 2021 gibt es in ganz Russland Proteste für seine Freilassung. Die Behörden reagieren mit Repressionen. Über zehntausend Menschen wurden verhaftet. Die Hintergründe der Verhaftungen sowie den Missbrauch des Rechts analysiert Grigorij Ochotin. Der Gründer von OVD-Info unterstreicht: Versammlungsfreiheit ist ein Menschenrecht.
Weiterlesen - Missbrauch des Strafrechts
In den Jahren 2013 und 2014 wurden gegen Aleksej Naval’nyj zwei Strafverfahren eröffnet. Sie endeten mit Naval’nyjs Verurteilung wegen Veruntreuung und Betrugs. Die Strafe wurde damals zur Bewährung ausgesetzt. Otto Luchterhandt analysiert den Prozess in Heft 1-2/2015, S. 95-124.
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