Titelbild Osteuropa 4-6/2021

Aus Osteuropa 4-6/2021

Bleierne und goldene Zeiten
Tschechische Literatur seit 1945

Jiří Holý


Abstract in English

Abstract

Die kulturelle Vielfalt, die die Tschechoslowakei der Ära Masaryk gekennzeichnet hatte, war nach dem Zweiten Weltkrieg unwiederbringlich verloren. Unter der repressiven Kulturpolitik des kommunistischen Regimes ab 1948 zerfiel die Literatur in „verbotene“ (Samizdat und Exilverlage) und „erlaubte“ Publikationen. Diese Teilung ist nicht ohne weiteres mit vorhandener oder fehlender literarischer Qualität gleichzusetzen. Dennoch hatten die meisten bedeutenden tschechischen Autoren zwischen 1948 und 1989 mit der Zensur zu kämpfen; viele wichtige Werke erschienen erst Jahrzehnte nach ihrer Entstehung. Auf die kurze Liberalisierung der 1960er Jahre mit ihrer außerordentlichen kulturellen und literarischen Blüte folgte die bleierne Repression der „Normalisierung“. Erst mit der Samtenen Revolution 1989 war die staatliche Kontrolle der Literatur endgültig beendet. Zugleich nahm aber auch deren gesellschaftliche Bedeutung rapide ab. Die zeitgenössischen tschechischen Autoren arbeiten auf hohem Niveau, aber unter schwierigen ökonomischen Bedingungen.

(Osteuropa 4-6/2021, S. 373–394)