Titelbild Osteuropa 8-10/2016

Aus Osteuropa 8-10/2016

Utopie im Werden und Scheitern
Die Baugrube und der Turmbau zu Babel

Hans Günther


Abstract in English

Abstract

Das „gemeinproletarische Haus“ Platonovs und der archetypische Turm zu Babel haben eines gemeinsam: Sie wurden nie vollendet. Während der Bau des biblischen Turms jedoch zunächst erfolgreich voranschreitet, endet Platonovs Roman Die Baugrube bereits im Vorstadium mit einer völligen Katastrophe: Das Ergebnis des utopischen Projekts ist eine gewaltige Grube, ein Loch in der Erde. So wird die Baugrube zum Symbol des Abgrunds der Stalinschen Gesellschaft. Die Debatte über den Turmbau zu Babel hat in der russischen Kultur eine Tradition, auf die Platonov zurückgreifen kann. Anatolij Lunačarskij und der Dichter Aleksej Gastev polemisierten vom prometheischen Standpunkt der proletarischen Kultur gegen Dostoevskij, in dessen Legende die Erbauer des babylonischen Turms vom Großinquisitor als schwächliche Empörer gegen Christus erscheinen.

(Osteuropa 8-10/2016, S. 311–316)