Titelbild Osteuropa 11-12/2015

Aus Osteuropa 11-12/2015

Patriotische Wende?
Russlands Finanz- und Investitionspolitik

Ewa Dąbrowska

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Abstract in English

Abstract

Die westlichen Sanktionen gegen Russland nach der Annexion der Krim und dem Krieg im Donbass wirken sich spürbar auf Russlands Wirtschaft aus. Sie führten aber nicht zu einer außenpolitischen Wende, sondern zur Stärkung des Nationalismus und der antiwestlichen Haltung. Auch Russlands Wirtschaftspolitik ist davon betroffen. Sie entfernt sich in der Industrie- und Investitionspolitik zunehmend vom liberalen Paradigma zugunsten eines Wirtschaftsnationalismus. Das zeigt eine Analyse des Nationalen Wohlfahrtsfonds, der Initiative zur Deofšorizacija, der Kapitalamnestie und anderer industriepolitischer Maßnahmen.

(Osteuropa 11-12/2015, S. 71–87)

Volltext

Wenn auch für eine Reihe von europäischen Ländern der Nationalstolz ein längst ver­gessener Begriff und Souveränität allzu großer Luxus ist, ist für Russland die reale staatliche Souveränität eine absolut notwendige Bedin­gung seiner Existenz.

Vladimir Putin[1]

 

Ideen, sofern äußere Umstände sie nicht be­günstigen, haben in der Regel keine schnelle oder direkte Wirksamkeit in menschlichen Angelegenheiten.

            John Stuart Mill[2]


 

 

Als Folge der Sanktionen der EU und der USA wurde für viele russländische Unternehmen der Zugang zu internationalen Finanzmärkten und zu westlichen Banken gesperrt. Das russländische Bankensystem bietet ihnen wesentlich teurere Kredite. Gleichzeitig ist Russlands Finanzmarkt relativ unterentwickelt. Nicht nur die individuellen Maßnahmen gegen Beamte und Oligarchen aus Putins Umfeld sowie die Sperrung der westlichen Finanzmärkte für kremlnahe Banken und Unternehmen erschwerten für Unternehmen den internationalen Zahlungsverkehr und verschlechterten die Finanzierungskonditionen. Auch die nicht mit Sanktionen belegten Banken und Unternehmen kommen schwerer an ausländische Kredite, da potentielle Geldgeber detailliert prüfen, ob sie indirekte Verbindungen zu sanktionierten Strukturen aufweisen.[3] Verbindungen zu Offshore-Standorten und Steueroasen wie Zypern oder den britischen Virgin-Islands ermöglichen es zwar vielen Firmen, die Sanktionen zu umgehen, jedoch ist die Finanzierung von Geschäften und Investitionen unter solchen Umständen wesentlich aufwendiger, als es vor den Sanktionen der Fall war.[4] Der Einbruch des Ölpreises Ende 2014 beeinträchtigte die Finanzlage zahlreicher russländischer Unternehmen und des Staates noch zusätzlich.[5] Es war zu erwarten, dass in einer solchen Situation der Staat interveniert und den klammen Unternehmen, besonders solchen, die für das Regime überlebenswichtig sind, zusätzliche finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellt. Der Grad der Kapitalmobilisierung und die Instrumente, die dazu verwendet werden, deuten jedoch auf einen grundsätzlicheren Wandel hin.

Ein solcher Wandel könnte durch die konservative und „patriotische“ Wende von Russlands politischer Führung bedingt sein, die auf antiwestliches Ressentiment und Freund-Feind-Denken setzt. Putin leitete sie in seiner dritten Amtszeit ein, um die Legitimitätskrise seines Regimes abzuwenden. Nach der Krim-Annexion erfasste diese Wende weite Teile der Gesellschaft.[6] Ist nun auch die russländische Wirtschaftspolitik von diesem Wandel betroffen?

Während der gesamten Amtszeit von Putin und Medvedev bestimmten zwei konkurrierende Paradigmen den wirtschaftspolitischen Diskurs in Russland: der (Neo-)Liberalismus und die russländische Art des Wirtschaftsnationalismus – die Doktrin, nach der der Staat eine überragende Rolle in der Lenkung der wirtschaftlichen Prozesse, darunter der Investitionen, spielen soll. Trotz des steigenden Anteils des Staatseigentums in der Wirtschaft blieb die Wirtschaftspolitik unter Putin und Medvedev weitgehend liberal. Das trifft insbesondere auf die makroökonomische Politik zu. Die Zentralbank, das Finanzministerium und teilweise das Wirtschaftsentwicklungsministerium wurden von Russlands besten (allesamt liberalen) Ökonomen verwaltet, die keine „heterodoxen“ Ideen zuließen. Aber auch Putin betonte wiederholt, wie wichtig makroökonomische Stabilität für die Souveränität des Staates sei.[7]

Obwohl der russländische Staat seit Mitte der 2000er Jahre seine Position in der  Wirtschaft verstärkt hat, griff er zunächst kaum in Investitionen ein. Die 2006–2007 geschaffenen „Entwicklungsinstitutionen“ – darunter ist die Russländische Entwicklungsbank die wichtigste – spielten zunächst eine geringe Rolle in der Finanzierung von Investitionen. Dies änderte sich als Folge der Begrenzung des Zugangs der russländischen Unternehmen zu ausländischen Finanzmärkten durch die Sanktionen. Der russländische Staat sah sich gezwungen, alternative Geldquellen, insbesondere den Nationalen Wohlfahrtfonds, anzuzapfen und seine industriepolitischen Mechanismen zu vielfältigen.[8]

Die Deofšorizacija, eine 2014 ins Leben gerufene Initiative der russländischen Führung, Kapital (darunter auch das illegal geflüchtete Kapital) heimischer Firmen aus den Steueroasen zurück in die nationale Wirtschaft zu bringen, ist auch ein Versuch, zusätzliche Geldquellen zu mobilisieren.

Bedeutet eine derartige Verstärkung der Industrie- und Investitionspolitik, dass ein wirtschaftspolitischer Paradigmenwechsel stattfand, parallel zur antiwestlichen Orientierung in der Außen- und Innenpolitik? Stärkt die konservative Stimmung im Lande die „patriotischen“ Ideen und die antiwestliche Haltung auch in der Wirtschaftspolitik?

Nationalismus, antiwestliches Ressentiment und Wirtschaftspolitik

Das antiwestliche Ressentiment ist ein fester Bestandteil des russischen konservativen Nationalismus, der im Laufe des 19. Jahrhunderts immer radikaler wurde. Zu Sowjetzeiten knüpfte die Propaganda an diese Tradition an, indem sie Kapitalismus- und Westen-Klischees verbreitete. In der postsowjetischen Zeit manifestierten sich die ersten Anzeichen des wieder erwachten Ressentiments Mitte der 1990er Jahre, bevor in Russlands Gesellschaft und bei einem Teil der Eliten Enttäuschung über die Wirkung der liberalen Reformen einsetzte. Die Behauptung, dass es eine westliche Verschwörung gegen Russland gebe, an der auch russländische Oligarchen und liberale Reformer teilhatten, machte die Runde.[9]

Die nationalistisch-kommunistische Opposition gegen Boris El’cins Regierung reaktivierte auch andere sowjetische Vorurteile gegen den kapitalistischen Westen, die schnell Widerhall in der eigenen Bevölkerung fanden. Das daraus wachsende antiwestliche Ressentiment begann ab der zweiten Hälfte der 1990er Jahre Russlands Politik zu prägen. Zunächst wurde nur die Außenpolitik von diesem schleichenden Paradigmenwechsel erfasst.[10] Die Wirtschaftspolitik blieb hingegen bis zur zweiten Amtszeit Putins eindeutig prowestlich. Sogar als die Regierung Mitte der 2000er Jahre begann, mit einer milden Form von Industriepolitik zu experimentieren, gab sie nicht alle liberalen Züge ihrer Wirtschaftspolitik auf. Auch die Rhetorik blieb weitgehend liberal. Viele wirtschaftspolitische Maßnahmen orientierten sich noch an den Reformen des vorangegangenen Jahrzehnts. Unter anderem war die Regierung bemüht, das Geschäftsklima zu verbessern und ausländische Investoren anzulocken. 2013 trat Russland der Welthandelsorganisation (WTO) bei.

Zugleich versuchte Putin jedoch, die wirtschaftspolitischen Forderungen des illiberalen Teils der Elite – insbesondere der sogenannten siloviki, d.h. der Mitarbeiter der Gewaltinstitutionen wie der Geheimdienste, der Armee und der Polizei – zu berücksichtigen. Dieser Teil der Elite gewann mit Putins konservativer Wende in seiner dritten Amtszeit, die er nach Protesten gegen Wahlfälschungen einleitete, noch mehr Macht. Denn diese Gruppen sind es, auf die sich Putins autoritäres Regime stützt. Wachsende Budgetausgaben und industriepolitische Maßnahmen zur Reaktivierung des in den 1990er Jahren heruntergekommenen militärisch-industriellen Sektors, aber auch der Start von Entwicklungsprojekten 2005 und die Gründung von Entwicklungsinstitutionen in den Jahren 2006 und 2007 sowie von Staatskorporationen 2008 sind vor diesem Hintergrund zu verstehen.

Aber auch nationalistisch-konservative Ideologen wie Sergej Glaz’ev, Michail Deljagin, Michail Chazin verstärkten seit etwa 2012 ihre Bemühungen, Russlands Regierung in der Wirtschaftspolitik zur Abkehr vom Liberalismus zu bewegen, ermutigt von Putins zunehmend konservativer Rhetorik. Sie gründeten, gemeinsam mit Publizisten wie Aleksandr Prochanov, Vitalij Averjanov, Aleksandr Dugin, Michail Leont’ev oder Maksim Ševčenko den Izborsker Klub und wurden somit zu einer sichtbaren Alternative zum Konservatismus des Mainstreams und zum Liberalismus.[11] Teilweise fanden sie mehr Gehör bei Putin als bisher, er begrüßte jedoch nicht alle ihre Ideen. Putin ernannte Glaz’ev zu seinem Berater für die eurasische Integration und bestellte bei ihm und anderen Ökonomen der Russländischen Akademie der Wissenschaften (RAN) eine „Strategie zur wirtschaftlichen Entwicklung“, die eine Alternative zur liberalen „Strategie 2020“ werden sollte.[12]

Die „Strategie 2020“ hatte Putin während eines Treffens mit Ökonomen der Vysšaja Škola Ėkonomiki (VŠĖ) und der Rossijskaja Akademija Narodnogo Chozjajstva i Gosudarstvennoj Služby (RANHiGS) Ende 2011 angeregt, ignorierte sie aber weitgehend, als sie vorlag.[13] Er beachtete auch kaum das 2013 von Glaz’ev, Aleksandr Nekipelov, Viktor Ivanter und anderen Ökonomen verfasste Konkurrenzkonzept, obwohl er sich mit ihnen einige Male traf.[14] Er wollte insbesondere das Prinzip der makroökonomischen Stabilität nicht aufgeben, das Glaz’ev, Nekipelov, und Ivanter für eine grundsätzlich falsche Orientierung halten.[15] Obwohl von Putin nicht explizit unterstützt, sind die wirtschaftlichen Ideen dieser drei Ökonomen in den Gremien, die für die Wirtschaftspolitik zuständig sind, gut bekannt und werden von jenen Kräften begrüßt, die an der sowjetischen Ordnung hängen, ebenso wie von Businesslobby­isten, die zusätzliche staatliche Subventionen oder billigere Kredite nicht ausschlagen würden.[16] Solche Institutionen wie das Industrieministerium, große Teile der Parteien Edinaja Rossija (Einiges Russland), der Kommunistischen Partei, Spravedlivaja Rossija (Gerechtes Russland) und Rodina (Vaterland) sowie Rossijskij Sojuz Promyšlennikov i Predprinimatelej (Russländische Vereinigung der Industriellen und Unternehmer), Delovaja Rossija (Wirtschaftsrussland) sowie Torgovo-Promyšlennaja Palata (die Handels- und Industriekammer) und andere setzen sich oft für Industriepolitik ein, die auch von Glaz’ev und ihm gleichgesinnten Ökonomen unterstützt wird.[17] In der liberalen „Strategie 2020“ wurde Industriepolitik noch nicht einmal als Begriff erwähnt.

Die konservativen und nationalistischen Tendenzen in Russlands Gesellschaft verstärkten sich nach dem Euromajdan, der Annexion der Krim und dem Interventionskrieg in der Ostukraine, als Putin sich vermehrt der Feindrhetorik bediente und die Innen- und Wirtschaftspolitik den Kriegszielen unterordnete.[18] Unter den veränderten Umständen wurden wirtschaftspolitische Ziele gegenüber der Außenpolitik und dem Machterhalt zweitranging. Nur unter solchen Bedingungen war es möglich, dass Moskau Gegensanktionen verhängte, die, wie zu erwarten war, der eigenen Bevölkerung schadeten. Gleichzeitig waren sie de facto eine protektio­nistische Maßnahme für die inländische Lebensmittelindustrie.

Es lag nahe, dass nun auch andere industrie- und investitionspolitische Maßnahmen ergriffen würden, zumal die finanziellen Reserven immer knapper wurden. Die Förderung der Investitionen und des Wirtschaftswachstums unter den Bedingungen einer politischen und strukturellen wirtschaftlichen Krise wurde zu einer ernsthaften Herausforderung. An der Frage, wie Investitionen und Wirtschaftswachstum zu fördern sind, zeigen sich die Unterschiede der beiden wirtschaftspolitischen Paradigmen, dem (Neo-)Liberalismus und dem Wirtschaftsnationalismus in seiner russländischen „staatszentrierten“ Spielart.

Das Problem der Investitionen im Fokus der ökonomischen Debatten

Seit Ernüchterung über die Leistungsfähigkeit von Russlands Marktwirtschaft Einzug gehalten hat, diskutieren russländische Ökonomen, wie sie es schon in der Perestrojka und zuvor taten, darüber, welche Maßnahmen angemessen sind, um die Wirtschaft zu reformieren und nachhaltiges Wachstum zu erzeugen. Die aus der Sowjetzeit geerbten strukturellen Probleme der russländischen Wirtschaft erwiesen sich als zu gravierend, als dass eine Kombination von einfach konzipierten wirtschaftsliberalen Reformen sie hätte beseitigen können. Die meisten Betriebe blieben wettbewerbsunfähig, die Landwirtschaft lag brach, die Infrastruktur wurde kaum modernisiert. Die halbwegs wettbewerbsfähige Produktion konzentrierte sich in den Monopolen und um sie herum, besonders im Rohstoffbereich. Derartige Gewinne, wie sie im Rohstoffsektor zu erwirtschaften waren – sie wurden teilweise vom Staat über Steuern einkassiert –, waren in der übrigen Wirtschaft nicht zu erzielen. Die Investitionsressourcen im gesamten Wirtschaftssystem waren sehr begrenzt und das Bankensystem war zu schwach, um dem Problem zu begegnen, oder die Banken waren nicht bereit, ineffizienten Firmen Kredite zu geben. Die erfolgreicheren Unternehmen investierten überwiegend aus eigenen Mitteln, die weniger erfolgreichen arbeiteten immer noch mit den veralteten sowjetischen Anlagegütern.

In den 2000er Jahren veränderte sich der Zustand von Russlands Wirtschaft nur insofern, als dank des hohen Ölpreises sowohl die Unternehmen als auch die Regierung mehr finanzielle Ressourcen zur Verfügung hatten. Die strukturellen Ungleichheiten zwischen den Betrieben blieben jedoch bestehen. Der Grad der Abnutzung des Anlagevermögens belief sich Mitte der 2000er Jahre auf 45 Prozent und wuchs weiter, wie Bankiers, Unternehmer, Journalisten und Ökonomen, die für eine aktive Investitionspolitik warben, nicht müde wurden zu betonen.[19]

Trotz des hohen Investitionsbedarfs der Wirtschaft war eine Industriepolitik, in der der Staat in die Investitionsprozesse der Unternehmen eingreift, fast in der gesamten postsowjetischen Zeit ein politisches Tabu, wurde sie doch allzu sehr mit der missglückten sowjetischen Praxis assoziiert. Das Problem war, dass in der UdSSR viel investiert wurde, aber die Qualität dieser Investitionen relativ niedrig war. Der Investitionsprozess war keinen Marktmechanismen untergeordnet. Stattdessen stand das hierarchische Prinzip im Zentrum dieses Prozesses – der Verwaltungsapparat legte die Investitionsziele je nach Planangaben fest.[20] Um ein volkswirtschaftliches Gleichgewicht im System herzustellen, versuchten die sowjetischen Funktionäre in den 1970er Jahren, die Konzentration auf den militärisch-industriellen Sektor zu reduzieren und die Konsumindustrie und den Rohstoffsektor mit finanziellen Ressourcen zu unterstützen.[21] Die Gewinne aus dem Export von Rohstoffen in die westlichen Länder dienten dann umgekehrt wieder dazu, die Militärindustrie, aber auch andere Industriezweige und die Agrarwirtschaft zu stützen.[22]

Nach Jurij Jaromenko, einem der originellsten sowjetischen Ökonomen, folgten die Investitionsentscheidungen in der Sowjetunion keiner ökonomischen Logik, sondern eher einer politisch-administrativen. Neue Betriebe wurden wie Pyramiden im alten Ägypten gebaut, um die (sowjetische) Zivilisation aufrechtzuerhalten. Die Wirtschaft war ein „Raum für die Reproduktion und Erweiterung der administrativen Strukturen“.[23]

Aufgrund ihrer Kenntnis der sowjetischen Verhältnisse legten liberale Ökonomen und Politiker wie Egorʼ Gajdar, Petr Aven, Anatolij Čubais oder Andrej Nečaev, die Anfang der 1990er Jahre Russlands Wirtschaft reformieren wollten, stärkeren Wert auf die Effizienz von Investitionen und nicht nur auf ihr Volumen. Diese Effizienz war für sie nicht durch Industriepolitik, sondern nur in einer Marktwirtschaft zu erreichen, die auf staatliche Intervention verzichtet.

Das wirtschaftliche System in den 1990ern war jedoch so deformiert, dass die erhofften Marktwunder ausblieben. Die sowjetischen Strukturen waren nicht so schnell zu überwinden, wie die Architekten der Schocktherapie gedacht hatten. Darüber hinaus war Russlands Bankensektor als Folge der Liberalisierungspolitik mehr mit sich selbst beschäftigt als damit, Kapital für die Güter- und Dienstleistungsproduktion bereitzustellen. Währungsgeschäfte und sonstige Transaktionen auf dem Finanzmarkt waren viel profitabler.

Große Teile der Realwirtschaft überlebten ohne Geld, dank einem Netzwerk aus Tauschbeziehungen. Die fehlenden Budgeteinnahmen zwangen die Regierung, sich mit immer teurer werdenden Anleihen zu finanzieren, was im August 1998 zum Zahlungsausfall führte. Unerwartet verbesserte sich die Situation der russländischen Wirtschaft nach der Krise, da in Folge der Rubelabwertung einheimische Firmen auf dem Binnenmarkt gegenüber den Importen wettbewerbsfähiger wurden und der steigende Ölpreis für mehr Liquidität im Finanzsystem sorgte.

Nach der Finanzkrise 1998 diskutierten liberale Ökonomen wie Egorʼ Gajdar, Evgenij Jasin, German Gref auf der einen und mäßige bis radikale gosudarstvenniki wie Leonid Grigorʼev, Abel Aganbegjan, Viktor Ivanter, Aleksandr Nekipelov oder Sergej Glaz’ev verstärkt darüber, welches wirtschaftspolitische Modell für Russland geeignet sei, reales Wachstum zu erzeugen.[24] Auch die Architekten der Reformen der 1990er Jahre, allen voran Ex-Wirtschaftsminister Evgenij Jasin, waren bereit, eine Form der Investitions- oder Industriepolitik zu akzeptieren, die mit dem demokratischen System vereinbar wäre. Jasin argumentierte, dass eine dem Markt allein überlassene russländische Wirtschaft zunehmend der Rohstofforientierung folgen werde, die nur eine Minderheit der russländischen Gesellschaft an den Errungenschaften der Zivilisation (blaga civilizacii) teilhaben lässt.[25] Dagegen sollte eine aktive staatliche Strukturpolitik gerichtet sein, die durch staatliche Investitionen, Kredite und Kreditgarantien innovative und wettbewerbsfähige Sektoren unterstützt. Auch wenn staatliche Investitionen weniger effizient sind und Korruption provozieren, seien sie unabdingbar.[26]

Offensichtlich motivierte das System der freien Marktwirtschaft in seiner russlän­dischen Spielart, das von Instabilität und Korruption gekennzeichnet ist, Unternehmer nicht dazu, ihre Gewinne in der eigenen Volkswirtschaft anzulegen, sondern eher dazu, sie in Offshore-Standorte zu verlagern. Die russländische Investitionsquote am BIP fiel in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre auf 15 Prozent.[27] Auch das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte in den 1990er Jahren fast durchgehend. Die Frage der Investitions- und Wachstumsförderung stand auch in den 2000er Jahren im Zentrum der wirtschaftspoli­tischen Debatten. Präsident Vladimir Putins Ankündigung vor der Föderalversammlung im Jahr 2003, das Bruttoinlandsprodukt binnen zehn Jahren verdoppeln zu wollen, wurde zur nationalen Aufgabe, der sich die Regierung verpflichtete.[28] Auch Präsident Dmitrij Medvedev betonte später, wie wichtig die Förderung der Investitionen für das Wohl des Landes sei.[29] Putin in seinen ersten zwei Amtszeiten und Medvedev folgten weitgehend einem Wirtschaftsparadigma, das den Akzent auf investitions- und businessfreundliche Institutionen setzt.

Das wirtschaftsliberale Paradigma und das Investitionsproblem

Russland ist ein Teil der globalen Wirtschaftsordnung, deren Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität für Investoren in zahlreichen Rankings erfasst werden. Ein wichtiger Aspekt der russländischen Wirtschaftspolitik unter Putin waren Maßnahmen, dank derer Russland in jenen Rankings aufsteigen sollte.[30] Sie messen das sogenannte Business- und Investitionsklima eines Landes. Die wichtigsten Kriterien, die ein gutes Investitionsklima ausmachen, sind sichere Eigentumsrechte und das Rechtsstaats­prinzip.

Trotz aller Bemühungen aber rangierte Russland aufgrund des hohen Korruptionsniveaus, der verbreiteten Kriminalität, der zunehmend politisierten Justiz und des steigenden Autoritarismus zumeist auf den hinteren Plätzen dieser Rankings.[31]

Das diesen Rankings und der darauf abgestimmten Politik zugrundeliegende kognitive Paradigma geht von den Interessen des Investors aus.[32] In der globalisierten Wirtschaft ist ein solcher Investor hochmobil, schützt sich vor staatlicher Intervention und behält seine Bewegungsfreiheit.[33] Die Länder, die diesem Paradigma folgen – de facto fast die gesamte Weltwirtschaft – bezwecken, den mobilen Investor zufriedenzustellen und seine Eigentumsrechte zu schützen. Eine Politik der Liberalisierung wird unter Verweis auf dessen Präferenzen gerechtfertigt. Dieser idealtypische Investor ist bereit zu Investitionen, aber in Abhängigkeit vom Investitionsklima, von den makroökonomischen Indikatoren und von der Qualität der nationalen und lokalen Institutionen. Die Staaten  haben sich also an die Erwartungen eines solchen Investors anzupassen. Dazu bauen sie ihre bürokratischen Hürden ab, reduzieren Budgetausgaben, bekämpfen Korruption und reduzieren oder erlassen Steuern. Wenn sie in ihren Bemühungen erfolgreich sind, werden sie mit in- und ausländischen Investitionen „belohnt“.

Russlands Investoren agieren gern von Offshore-Standorten aus, da sie ihnen Rückzugsmöglichkeiten bieten. Dadurch sind sie auch von den Zwängen der nationalen Steuersysteme befreit und können das Land mit den niedrigsten Steuersätzen, dem besten Investitionsklima und der optimalen makroökonomischen Politik frei auswählen.

Makroökonomische Stabilität macht Entwicklungs- und Schwellenländer, aber auch entwickelte Wirtschaften, im Sinne dieses Paradigmas wettbewerbsfähig. Daher loben die Autoren der liberalen „Strategie 2020“ die makroökonomische Leistung des Staates vor der Krise 2008/2009, als Russland in den Institutionen-Rankings dafür zusätzliche Punkte erhielt und seine Position verbessern konnte.[34]

Das Hauptziel des makroökonomischen Stabilisierungsprogramms ist es, die Inflation in Zaum zu halten. Dafür wird der Zuwachs der Geldmenge kontrolliert, da er eine erhöhte Inflation nach sich ziehen kann. Eine solche Politik erlaubt keine  Finanzierung des Staatsbudgets durch die Zentralbank. Ein Budgetdefizit wird nicht unbedingt ausgeschlossen, sollte aber – so die Faustregel – nicht mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. In einem Rohstoffe exportierenden Land wie Russland bedeutete ein solcher Ansatz, dass die Gewinne aus dem Export besteuert, in einem Fonds akkumuliert und idealerweise auf internationalen Finanzmärkten angelegt werden, damit auch künftige Generationen von diesem Vermögen profitieren können.

Tatsächlich waren Russlands makroökonomische Daten für die ausländischen Investoren attraktiv. Russlands Regierung wies vor der Krise regelmäßig einen Budgetüberschuss auf, reduzierte die Inflation auf eine einstellige Zahl und akkumulierte substantielle Reserven.

Diese Erfolge und die Aufhebung der Kapitalverkehrsbeschränkungen 2006 führten dazu, dass die ausländischen Direktinvestitionen – trotz unbefriedigender institutioneller Rankings – seit dieser Zeit rapide anstiegen. 2007 und 2008 betrug die russländische Investitionsquote entsprechend 24 und 26 Prozent.[35]

 

 

Tabelle 1: Russlands Finanzreserven und Außenschulden

(Mrd. USD, am Jahresende)[36]

 

 

Währungsreserven der Zentralbank (einschließlich Stabilisierungsfonds)

Stabilisierungsfonds

(ab 2008 Reservefonds)

Außenschulden

Private Außenschulden

2000

24,2

160

31,4

2001

32,5

146,3

35,2

2002

44,0

152,3

48

2003

73,1

186

80

2004

120,8

18,1

213,5

108

2005

175,8

43

257,2

175,1

2006

295,5

89,1

310,6

261,9

2007

466,7

156,8

471

424,7

2008

411,7

137,1

480,5

448,3

2009

416,6

60,6

467,2

421,3

2010

443,5

25,6

488,9

442,4

2011

453,9

25,2

538,9

493,7

2012

486,5

62,1

636,4

446,1

2013

469,6

87,4

728,9

651,2

2014

339,3

89

599

546,8

2015

319,8

50

515,3

329,9

 

Tabelle 2: Ausländische Direktinvestitionen nach Herkunft,

2010 bis 2014 (Mill. USD)[37]

 

 

2010

2011

2012

2013

2014

Insgesamt, darunter aus:

43168

55086

50588

69219

20958

Zypern

12287

12999

1985

8266

5340

Niederlanden

3733

7383

10330

5716

1001

Virgin Islands

2139

7225

2475

9379

2295

Bahamas

2282

1829

2111

2791

3808

Luxemburg

2892

4106

10814

11638

-659

UK

1124

2007

46

18927

140

Deutschland

3196

2234

2265

335

107

Irland

2326

5306

9877

10399

-531

Schweden

1831

2025

1322

-1203

179

 

Die meisten ausländischen Investitionen, die in den 2000er Jahren nach Russland kamen, stammten allerdings aus Zypern, Luxemburg, den Virgin-Islands, den Niederlanden und Großbritannien, also Ländern, die als Steueroasen bekannt sind oder enge Verknüpfungen zu Steueroasen aufweisen (Tabelle 2). Anders als erwartet war es zum großen Teil russländisches Kapital, das zunächst das Land verlassen hatte, um nun als verkappte ausländische Investitionen zurückzukehren.[38] Darüber hinaus finanzierten diese Kapitaleinfuhren aus den Offshore-Standorten zum großen Teil nicht Investitionen in bestehende Unternehmen, sondern wurden zum Erwerb neuer Firmen benutzt, welche die größten russländischen Korporationen zusätzlich zu ihrem Hauptgeschäft akquirierten (sogenannte „neprofil’nye aktivy“).[39] Darüber hinaus liehen sich staatliche oder halbstaatliche Korporationen wie Gazprom, Rosneft’, Transneft’, Sovkomflot, Alroza, Sberbank und VTB finanzielle Ressourcen im Ausland, nicht zuletzt von ihren Tochtergesellschaften in Offshore-Standorten, da das russländische Finanzsystem ihren Expansionswünschen nicht gewachsen war. 2007 war die private Verschuldung der russländischen Wirtschaft fast so groß wie die Reserven der Zentralbank, einschließlich des Stabilisierungsfonds. 2008 überstieg sie die Reserven sogar (Tabelle 1). Russlands Wirtschaft war somit de facto abhängig von ausländischen Krediten.  

Tabelle 3: Ausländische Direktinvestitionen und Bruttoinvestitionen[40]

 

 

 

Ausländische Direktinvestitionen

(Mill. USD)

Bruttoinvestitionen

(Mill. USD)

Anteil ausländischer Direktinvestitionen an Bruttoinvestitionen (%)

1991

k.A.

187857

k.A.

1992

1116

159322

0,7

1993

1211

117502

1

1994

690

100892

0,7

1995

2065

100620

2,1

1996

2579

92711

2,8

1997

4865

88988

5,5

1998

2761

40546

6,8

1999

3309

29053

11,4

2000

2714

48549

5,6

2001

2469

67298

3,7

2002

2421

69196

3,5

2003

7958

89766

8,9

2004

15444

123530

12,5

2005

14600

153359

9,5

2006

29701

209584

14,2

2007

55073

314067

17,5

2008

70320

423536

16,6

2009

36583

231402

15,8

2010

43168

344860

12,5

2011

55084

475881

11,6

2012

50588

501277

10,1

2013

69219

474437

14,6

2014

20958

378342

5,6

 

Die ausländischen Geldgeber liehen dabei Geld bevorzugt russländischen Staatskonzernen, trotz ihres Rufes als ineffiziente wirtschaftliche Organisationen. Das Länderrisiko und die schlechte Qualität der Institutionen schienen sie davon auch nicht abgehalten zu haben.[41] Darüber hinaus fanden die meisten Investoren, wie die Autoren von „Strategie 2020“ermittelten, vor allem Russlands großen Inlandsmarkt attraktiv.[42]

Das wirtschaftsnationalistische Paradigma und das Investitionsproblem

Die Grundrisse des wirtschaftsliberalen Paradigmas blieben in Russland auch über die Finanzkrise 2008/2009 hinaus erhalten. Dieses Paradigma wird jedoch in der russländischen Debatte oft angefochten. Rechte politische Kräfte bevorzugen seit Mitte der 1990er Jahre ein Modell, das darauf abzielt, die Investitionskraft der nationalen Unternehmen oder Konsortien zu stimulieren und staatliche Investitionen auszubauen. Eine solche wirtschaftsnationalistische Strategie ist konsistent mit den Wirtschaftsvorstellungen dieses Teils der russländischen Gesellschaft, die sich zu konservativen und „patriotischen“ Werten bekennt. Die konservativen Russen befürworten eine dominante Rolle des Staates in der Ökonomie und eine „gerechte“ Wirtschafts- und Sozialpolitik. [43]

Das idealtypische „patriotische“ Paradigma der Wirtschaftspolitik vertreten in Russland explizit nationalistische Ökonomen wie Sergej Glaz’ev, Igor Lavrovskij, Valerij Fadev, Michail Deljagin, Michail Chazin sowie  Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften wie auch die mit der RAN formal oder informell assoziierten Ökonomen wie Aleksandr Nekipelov, Viktor Ivanter, Ruzlan Grinberg, Michail Eršov und Gleb Fetisov. Die zweite Gruppe ist nicht direkt für nationalistische Äußerungen bekannt, sie vertritt aber Ideen, die in der Geschichte der ökonomischen Dogmen als wirtschaftsnationalistisch bezeichnet werden. Sie implizieren, dass die Wirtschafts­politik dem Interesse der Nation unterordnet werden sollte, das manchmal nicht klar vom Interesse des Staates zu trennen ist.[44]

Insbesondere die makroökonomischen Ideen der erwähnten Ökonomen stehen im Zeichen einer spezifischen Variante des Wirtschaftsnationalismus, des „makroökono­mischen Aktivismus“.[45] Dieses Paradigma entwickelte im 19. Jahrhundert Thomas Attwood (1783–1856), ein Ökonom der heute wenig bekannten sozialdemokratischen Birminghamer Schule.[46] Es setzte voraus, dass der Staat seine Geld- und Finanzpolitik den Zielen der Wachstums- und Wohlfahrtsförderung unterordnet.[47] Praktisch bedeutet es, dass die Währung inkonvertibel ist, d.h. nicht frei umtauschbar in andere Währungen, und dass der Staat seine Investitionen durch Geldschöpfung finanziert. Ökonomen aus Russland nennen eine solche Währung „souverän“, in Anlehnung an das von Putin propagierte spezifische Souveränitäts-Konzept.[48] Der souveräne Umgang mit den Währungsreserven der Zentralbank, einschließlich derer, die in den Ölfonds gehalten werden, bedeutet für sie, dass sie in die nationale Wirtschaft investiert werden, um Wachstum anzukurbeln.

Ein Zielkonflikt zwischen „souveräner“ Wachstumsförderung und makro­ökonomischer Stabilität ist gegeben, weil die Förderung von Inlandsinvestitionen mit dem Wachstum der Geldmenge einhergeht und dadurch einen inflationären Effekt haben kann. Das war das Standardargument der Anhänger makroökonomischer Stabilisierung in Russland, vor allem des Finanzministers Aleksej Kudrin.[49] Umgekehrt behaupteten diese liberalen Ökonomen, dass nur ein Inflationsniveau von höchstens drei Prozent die Investoren in Russland zu einer innovativen Tätigkeit bewegt und daher Inflationsbekämpfung die Priorität der russländischen Regierung sein sollte.[50] Den Ökonomen der wirtschaftsnationalistischen Orientierung kam dieses Ziel unrealistisch und gleichzeitig zu einfach vor, weil sie ihrer Meinung nach die Regierung aus der Verpflichtung entließ, strukturpolitische Maßnahmen zu realisieren.[51] Umgekehrt ist aber ein wirtschaftsnationalistisches Paradigma in seiner radikalen Form kaum realisierbar, weil es eine abgeschottete Nationalökonomie voraussetzt. Angesichts der weltwirtschaftlichen Verflechtung, die ihren Ausdruck in der in den meisten Ländern geltenden Währungskonvertibilität findet, kann das nur als utopisch gelten.

Den wirtschaftsnationalistischen Ökonomen in Russland zufolge kann allerdings ein auf diesem Paradigma basiertes wirtschaftspolitisches Programm ein Wirtschafts­wachstum von etwa sechs bis acht Prozent pro Jahr generieren und mittel- bis langfristig einen qualitativen Entwicklungssprung auslösen.[52] Ein solcher Entwicklungssprung (ryvok) verlangt einen kollektiven Kraftakt und umfasst nicht nur Wirtschaftswachstum, sondern hat die Aufgabe, die gesamte russländische Kultur zu „retten“. Die Notwendigkeit einer solchen Rettung ist ein wiederkehrender Topos im russischen Nationalismus. Glaz’ev formulierte auf einer Sitzung des Izborsker Klubs:

Wenn Putin über die Notwendigkeit eines Entwicklungssprungs spricht, dann nicht wegen hoher Wachstumsraten oder anderer schöner Indikatoren, sondern damit unser Land überlebt und erhalten bleibt. Bei einem Entwicklungssprung geht es nicht um den Unterschied zwischen fünf und sieben Prozent Wachstum. Er bedeutet den Übergang unserer Wirtschaft und des gesamten Landes in eine qualitativ neue Lage, die uns erlaubt, auf der neuen langen Welle des wirtschaftlichen Wachstums zu „reiten“.[53]

 

Realisierbar wäre ein solcher Sprung laut diesen Ökonomen, indem der Staat in Kooperation mit wettbewerbsfähigen Unternehmen massive Kapitalanlagen finanzieren würde. Akkumulierte Reserven könnten dafür verwendet werden. Anschließend ließen sich Investitionsprojekte direkt durch Zentralbank-Kredite finanzieren. Die Zentralbank würde die Wertpapiere der jeweiligen Unternehmen als Sicherung verwenden. Auch eine Begrenzung der Offshore-Praxis vieler russländischer Unternehmen setzt nach Meinung der wirtschaftsnationalistischen Ökonomen zusätzliche Investitionsressourcen frei.[54] Unterstützend zu einem solchen Programm würde der Staat in die Infrastruktur investieren sowie in den Sozialsektor.[55]

Die wirtschaftsnationalistischen Ökonomen behaupten, dass Institutionen für das Wachstum viel weniger ausschlaggebend seien, als staatliche Investitionspolitik. Sie lehnen die Bedeutung der Institutionen für Wachstum an sich nicht ab, glauben aber nicht, dass in der russländischen Situation die Konzentration auf Institutionen vernünftig sei. Abgesehen davon verstehen sie Institutionen im traditionellen Sinne, als Institutionen des Staates und des Finanzsystems und nicht im Sinne des wirtschaftsliberalen Paradigmas als Eigentumsrechte, Rechtsstaat, Korruptionsniveau in einer Wirtschaft.[56]

Trotz der vorherrschenden antiwestlichen und „patriotischen“ Ideologie ist Russland gegenwärtig noch weit vom Idealtyp des makroökonomischen Aktivismus entfernt. Nichtsdestotrotz zeugen gewisse Entwicklungen davon, dass Russlands Wirtschafts­politik implizit zunehmend dieser Doktrin folgt. Zum Beispiel bedeutet die Bereitstellung des Fonds für die Nationale Wohlfahrt für Investitionszwecke und die Einrichtung des Fonds für die Industrieentwicklung, dass die Finanzierung von Investitionen zur Priorität der russländischen Regierung wird, der das Ziel der makroökonomischen Stabilität womöglich mit der Zeit untergeordnet wird. Darüber hinaus entspricht die Einrichtung von Entwicklungsinstitutionen und ihre wachsende Rolle in der Bereitstellung von Krediten an russländische Unternehmen der Verschiebung der wirtschaftspolitischen Doktrin Russlands zugunsten des Wirtschaftsnationalismus.[57] Auch die Deofšorizacija-Initiative steht im Einklang mit dieser wirtschaftspolitischen Orientierung.


Der Wandel des Stabilisierungsfonds und des Nationalen Wohlfahrtsfonds

Der Stabilisierungsfonds wurde 2004 gegründet, um Überschüsse aus dem Ölgeschäft aus der nationalen Wirtschaft abzuschöpfen und auf diese Weise makroökonomische Stabilisierung herbeizuführen. Einnahmen aus den Ölexportzöllen und aus den Steuern auf die Ölförderung (Nalog na dobyču poleznych iskopaemych; NDPI) wurden in einem Fonds außerhalb des russländischen Finanzsystems akkumuliert, der von der Zentralbank verwaltet wurde. Er diente zum einen der Stabilisierung des nationalen Finanzsystems und der nationalen Wirtschaft, da die überschüssigen Ölgewinne einen inflationären Effekt entwickeln konnten. Zum anderen stellte er Ressourcen bereit, die sowohl für den Fall einer Finanzkrise genutzt werden konnten als auch für die Rückzahlung der staatlichen Schulden. Das zweite Ziel wurde in den Jahren 2004–2006 intensiv verfolgt. Nachdem zunächst die Steuereinnahmen in Rubel gehalten wurden, wurden sie Mitte 2006 in Fremdwährungen und in westlichen Staatsanleihen angelegt. Dadurch sollten die Ressourcen vor Inflation geschützt werden, und eine solche Investition galt als risikofrei.

Diese Maßnahme erinnerte manche Beobachter daran, dass Russlands Zentralbank in den 1990er Jahren ihre Währungsreserven heimlich auf Jersey Island gehalten hatte, was 1999 im Umfeld der Default-Krise an die Öffentlichkeit gelangte.[58] Darüber hinaus argumentierten viele nationalistisch gesinnte Ökonomen, Angehörige der Nomenklatura, Intellektuelle und Geschäftsleute aus einem antiwestlichen Ressentiment heraus, dass die Regierung ihre vermeintlich „hart verdienten Ersparnisse“ (krovnye sbereženija) lieber im Inland investieren solle, als sie „beim Feind“, d.h. in den USA, anzulegen.[59] Viele verwiesen auch darauf, dass Russlands Finanzsystem nicht souverän sei, wenn sogar staatliche Konzerne auf Finanzierung aus dem Ausland angewiesen seien.[60]

Der Stabilisierungsfonds war in diesem Arrangement ein Garant für ausländische Geldgeber dafür, dass ihre Kredite zurückbezahlt werden, notfalls vom russländischen Staat.[61] Welche institutionelle Lösung in Bezug auf den Fonds für die russländische Wirtschaft günstiger sei, war unklar: Staatliche oder vom Staat unterstützte private Investitionen standen einerseits unter dem Verdacht, ineffizient und korruptionsfördernd zu sein, anderseits war es schwierig zu verneinen, dass die meisten russländischen Unternehmen an Geldmangel litten.

Die nationalistische Stimmung wurde auch von politischen Ereignissen angeheizt. Nach dem Anschlag von Beslan 2004 und der „Orangen Revolution“ in der Ukraine 2004/2005 hatte Putin versucht, sein autoritäres System zu festigen. Dazu setzte er auch auf wirtschaftspolitische Maßnahmen. So wurden seit 2005 sukzessive mehr Haushaltsmittel für Militär und Polizei, aber auch für Sozialpolitik zur Verfügung gestellt. Sie kamen nicht zuletzt aus dem Stabilisierungsfonds. Im Jahr 2007 genehmigte Putin, etwa ein Zehntel des Stabilisierungsfonds (ca. 300 Mrd. Rubel) in neu entstehende entwicklungspolitische Institutionen anzulegen – in der Russländischen Entwicklungsbank, der Staatskorporation für Nanotechnologien Rosnano und in den Investitionsfonds.

Die 2005 begonnene Wende in der Wirtschaftspolitik wurde 2012 vertieft. Da die globale Finanzkrise zwischenzeitlich Russland erreicht hatte, war der Kreml in erster Linie mit akutem Krisenmanagement beschäftigt. Der eine Nachfolger des Anfang 2008 aufgelösten Stabilisierungsfonds, der Reservefonds, sollte ausfallende Haushaltseinnahmen ersetzen. Der zweite, der Nationale Wohlfahrtsfonds, stellte Ressourcen für die Stützung des Finanzsystems bereit: Die Gelder aus dem Wohlfahrtsfonds nutzte die Russländische Entwicklungsbank Vneshekonombank (VEB), welche die führende Rolle in der Krisenpolitik spielte, unter anderem dazu, russländische „Blue Chips“, also Aktien der wichtigsten russländischen Unternehmen aufzukaufen und Auslandsschulden der russländischen Oligarchen durch inländische Kredite zu ersetzen. Abgesehen von diesen Verschiebungen im Finanzsystem, in dem inländische Geldquellen wie der Wohlfahrtsfonds und die VEB eine wachsende Rolle bei der Finanzierung von Krediten und Investitionen spielten, verfolgte Russlands Regierung damals auch ein industriepolitisches Projekt, das von Dmitrij Medvedev initiierte Technologiecluster in Skolkovo bei Moskau.

 

 

Tabelle 4: Die Entwicklung des Nationalen Wohlfahrtsfonds[62]

 

Datum

Milliarden USD

Milliarden RUB

Anteil am BIP (%)

1.1.2016

71,7

5227,2

6,6

1.7.2015

75,7

4200,5

5,7

1.1.2015

78

4388,1

6,0

1.7.2014

87,9

2957,4

3,8

1.1.2014

88,6

2900,6

4,1

1.7.2013

86,5

2 828,2

4,0

1.1.2013

88,6

2690,6

4,0

1.7.2012

85,6

2810,5

4,2

1.1.2012

86,8

2794,4

4,7

1.7.2011

92,6

2600

4,4

1.1.2011

88,4

2695,5

5,8

1.7.2010

85,5

2666,4

5,8

1.1.2010

91,6

2769

7,1

1.7.2009

89,9

2813,9

7,3

1.1.2009

88

2584,5

6,3

1.7.2008

32,9

770,6

1,9

In Putins dritter Amtszeit setzte sich der Trend zur Industriepolitik fort. Insbesondere war diese Tendenz beim Wohlfahrtsfonds zu beobachten. In 2013 entschied der Präsident, diesen vollkommen für inländische Investitionen freizugeben, unter anderem für solche Projekte wie die Modernisierung und den Ausbau der von Leonid Brežnev initiierten Bajkal-Amur-Magistrale (BAM), der Transsibirischen Eisenbahn, der Eisenbahninfrastruktur am Asovschen Meer und in Nordwestrussland, den Bau des Zentralen Autobahnrings um Moskau und die Produktionsanlagen für verflüssigtes Erdgas auf der Halbinsel Jamal sowie für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz.[63]

Im Jahr 2015 wurde diese Politik, beschleunigt durch die angespannte internationale Situation und die Sanktionen, tatsächlich umgesetzt. Dabei bewogen nicht nur die Finanzmarktsanktionen die russländische Regierung dazu, neue Investitionsquellen zu erschließen. Auch die individuellen Sanktionen, die auch kremlnahe Oligarchen betreffen, beschleunigten gewisse investitionspolitische Entscheidungen. Einer dieser Oligarchen, Putins persönlicher Freund Vladimir Jakunin, bis August 2015 Chef der Russländischen Eisenbahnen, sollte der Hauptnutznießer vieler vom Wohlfahrtsfonds finanzierten Eisenbahnprojekte sein.[64] Ähnlich profitieren auch andere von Sanktionen betroffene Oligarchen aus Putins Kreis wie Arkadij Rotenberg und Gennadij Timčenko von der staatlichen Investitionspolitik. Auch wenn sie manchen Sanktionen ausweichen konnten, beschloss der Kreml, deren potentiellen und realen Verluste auszugleichen.[65] Unter anderem erhielten diese Oligarchen den Zuschlag, die Infrastruktur auf der Krim zu modernisieren sowie eine Brücke zwischen dem russländischen Inland und der annektierten Halbinsel zu bauen.[66]

Kapitalmobilisierung durch „Entoffshorisierung“ und Kapitalamnestie

Die neue Investitionspolitik ist für die Oligarchen nicht nur vorteilhaft. Ihre Gewinne sollen im Rahmen der Deofžorizacija-Initiative unter Kontrolle gebracht werden. Sie zielt darauf ab, die in Offshore-Standorten angelegten Gelder zu besteuern. Bereits 2007 startete das Finanzministerium eine Kampagne gegen die von Nationalisten angeprangerte Praxis vieler Geschäftsleute und der mit ihnen durch Patronage verbundenen Staatsdiener, ihr Einkommen vor dem Fiskus und der nationalen Justiz in Steueroasen zu verstecken. Damals wurde sie allerdings halbherzig verfolgt und brachte wenig Ergebnisse.[67]

2013/2014 verschärfte die Regierung ihr Vorgehen gegen die Steuerkriminalität. Obwohl Russlands Wirtschaft geradezu systemisch mit einem Netzwerk von den in Steueroasen angemeldeten Unternehmen verbunden ist, startete die Regierung die Deofšorizacija-Initiative. Nun ist jeder russländischer Bürger, dem mindestens 50 Prozent einer in einer Steueroase registrierten Firma gehört, verpflichtet, in Russland Steuern auf ihre Gewinne zu zahlen. Auch jene Bürger, die nur zehn Prozent Beteiligung an solchen Firmen haben, müssen ihren Besitz der Steuerbehörde bekanntgeben.[68] Im Zusammenhang mit dieser Maßnahme steht auch die Amnestie für bis 2015 getätigte illegale Kapitalexporte. Wenn die Eigentümer des im Ausland gehaltenen Kapitals ihre Bankkonten, Immobilien, Wertpapiere, und Firmenanteile der Steuerbehörde melden, werden ihnen Steuern bis zum 1. Januar 2015 erlassen.[69] In seiner Botschaft an die Föderalversammlung vom Dezember 2015 verlängerte Putin die Wirkung der Kapitalamnestie um ein Jahr.[70]

Die Unternehmensbesitzer, die ihr Offshore-Vermögen nicht melden, sollen sowohl von Krediten der Russländische Entwicklungsbank (VEB) als auch von staatlichen Kreditgarantien ausgeschlossen sein. Ferner dürfen Firmen, die sich in Besitz von solchen Personen befinden, keine Verträge mit dem Staat oder mit staatlichen Korporationen abschließen. Offenbar zielt diese Initiative auf große Unternehmen, weil kleine und mittelständische Firmen von diesen entwicklungspolitischen Maßnahmen kaum erfasst sind. Die VEB verleiht in der Regel an Konzerne wie Norilskij Nikel’, Rusal, Avtovaz, Mechel, Gazprom und Sberbank Kredite von einer halben bis zu mehreren hundert Milliarden Rubel. Zu staatlichen Aufträgen haben hauptsächlich Firmen Zugang, die enge Kontakte zu Politik und Bürokratie pflegen. Aus diesen Gründen bleibt die Wirkung der Deofšorisacija voraussichtlich auf „Oligarchen“ beschränkt. Das Gesetz dient offenbar dazu, sie zu disziplinieren und dazu zu bewegen, mehr im Inland zu investieren.

Angesichts der durch die Sanktionen bedingten eingeschränkten Finanzierungs­möglichkeiten im Ausland sind russländische Oligarchen nun besonders daran interessiert, Zugang zu neuen entwicklungspolitischen Instrumenten des Staates zu erhalten. So verkündeten Vladimir Potanin und Oleg Deripaska bereits, die Initiative der Regierung unterstützen zu wollen.[71] Potanin gab bekannt, dass sein Unternehmen keine Offshore-Strukturen nutze, während Deripaska sich verpflichtete, dieser Praxis umgehend ein Ende zu setzen. Ähnlich überschrieb Arkadij Rotenberg das Eigentum des Konzerns Strojgazmontaž Ende 2014 auf sich. Zuvor hatte es formal der auf Zypern registrierten Milasi Engineering Ltd gehört.[72] Derartige „patriotische“ Handlungen der Oligarchen sind nicht in erster Linie das Resultat der Sanktionen, sondern entspringen vor allem der Motivation, Putin Loyalität zu bekunden.

Nichtsdestotrotz trugen die westlichen Sanktionen wie auch die Ereignisse in der Ukraine dazu bei, dass die antiwestlichen und „patriotischen“ Ideen in der russländischen Politik mehrheitsfähig wurden. In einer solchen Atmosphäre werden auch wirtschaftspolitische Maßnahmen denkbar, die auf den ersten Blick gegen die Interessen der Oligarchen verstoßen und zuvor nicht in Erwägung gezogen worden waren. Unter den neuen Umständen werden die Oligarchen, die schon früher in der öffentlichen Debatte auch wegen ihrer Vorliebe für Offshores als „unpatriotisch“ galten, ihre Interessen nun im Einklang mit der herrschenden russländischen Investitionspolitik voraussichtlich neu definieren.[73]

Andere industrie- und investitionspolitische Maßnahmen

Neben der Öffnung des Nationalen Wohlfahrtsfonds und der Deofšorizacija-Initiative unternahm Russlands Regierung seit Mitte 2014 eine Reihe anderer Maßnahmen, die zum allgemeinen industriepolitischen Kurs passen. Zu erwähnen sind vor allem das „Gesetz zur strategischen Planung“ vom 28. Juni 2014 und das „Gesetz zur Industriepolitik“ vom 31. Dezember 2014. Beide haben eine eher symbolische Bedeutung und enthalten kaum konkrete Mechanismen, wie Russlands Industrie zu reformieren und modernisieren sei. Wie der RAN-Ökonom Jurij Knjazev es ausgedrückt hat, beschreibt das „Gesetz zur Industriepolitik“ zum großen Teil die bereits existierende Praxis in der Kooperation zwischen Staat und Unternehmen.[74] Die im „Gesetz über die Industriepolitik“ vorgeschlagene Neuerung ist ein zehnjähriger Investitionsvertrag zwischen einem privaten Investor und dem Staat, in dem unter anderem garantiert wird, dass die relevanten Steuern in der Zeit nicht erhöht werden. Allerdings ist dieser Vertrag auch unerwartet streng, indem er vorsieht, dass der Investor, der den Vertrag nicht einhält, alle Steuern nachzahlt, die ihm ursprünglich erlassen wurden.[75] Eine andere rigorose industriepolitische Maßnahme ist es, die Vermögenssteuer auf veraltete Produktionsanlagen zu erhöhen, um den Unternehmern den Anreiz zu geben, neue Anlagen zu kaufen.[76]

Abgesehen von den konkreten Maßnahmen ist wichtig, dass der lange verpönte Begriff der Industriepolitik reaktiviert wurde – bedeuten kann es, dass auch weitere industriepolitische Schritte voraussichtlich folgen werden. Ähnlich ist auch die seit 2014 verfolgte Politik der Importsubstituierung zu verstehen. Sie ist eine Art programmatische Losung für Russlands Regierung; im Rahmen dieses Programms werden noch einzelne Maßnahmen ausgearbeitet. Zu den wichtigen institutionellen Neuerungen, die sowohl der Importsubstitution als auch der Industriepolitik dienen sollen und bereits ins Leben gerufen wurden, zählen der Fonds für Industrie­entwicklung, der im Vergleich zu anderen entwicklungspolitischen Institutionen erstaunlich schnell aktiviert wurde, sowie der neue Modus von Investitions­finanzierung – Finanzierung der Investitionsprojekte über vier ausgewählte staatliche und assoziierte Banken – die Sberbank, VTB, Rosselchozbank und Alfabank mit den günstigeren als üblicherweise Zentralbankkrediten.[77] Darüber hinaus erfolgt die Importsubstituierung automatisch, als Folge der Gegensanktionen Russlands im Lebensmittelsektor.

Fazit und Ausblick

Die Bereitstellung des Nationalen Wohlfahrtsfonds für Investitionszwecke, die versuchte „Entoffshorisierung“ der russländischen Wirtschaft, die Schaffung des Fonds für Industrieentwicklung und andere industrie- und investitionspolitische Maßnahmen zeugen von einer Wende in der russländischen Wirtschaftspolitik. Sowohl die westlichen Sanktionen als auch die russländischen Gegensanktionen schufen die Bedingungen für eine solche Wende, auch wenn die dazu passenden Ideen schon länger diskutiert wurden. Es ist frappierend, dass die neuen Lösungen den Ideen entsprechen, für die wirtschaftsnationalistisch gesinnte Ökonomen seit langem werben, ohne dass sie einen nachweisbaren Einfluss auf Russlands politische Führung gehabt hätten. Zu erklären ist dieses Paradoxon wohl dadurch, dass andere soziale Kräfte, die in Russlands Wirtschaftspolitik direkt oder indirekt das Sagen haben, ähnlich gesinnt sind. Diese Ideen sind darüber hinaus der durch das sowjetische Erbe geprägten institutionellen Ordnung der russländischen Wirtschaft entnommen, d.h. mit dieser Ordnung womöglich kompatibler als die wirtschaftsliberalen Programme.

Auch wenn die vor kurzem verpönten Ideen in der russländischen Wirtschaftspolitik gerade reaktiviert werden, ist es wichtig zu betonen, dass auch die Institutionen, die für die Erhaltung des wirtschaftsliberalen Paradigmas verantwortlich sind, in Staat und Wirtschaft etabliert sind. Das gilt für staatliche Institutionen wie die Zentralbank und das Finanzministerium, aber auch institutionalisierte Methoden und Prinzipien der Politik der beiden Gremien. Darüber hinaus sind sie in der globalen Finanz­ordnung verankert, was ihnen eine zusätzliche Stabilität verleiht. Die Vorteile der Integration der russländischen Wirtschaft in die globale Finanzordnung wissen auch Russlands Oligarchen zu nutzen, die dadurch ihre Eigentumsrechte schützen können und einfacher an Investitionsressourcen kommen. Aber auch die russländische Führung hätte allen Grund, den wirtschaftspolitischen Status quo zu erhalten, der ihren Interessen nützt. Trotzdem gibt es in Russlands Politik anscheinend genug Kräfte, die sich einen Wandel wünschen und eine umfassende Industriepolitik für legitimer halten als deren Abwesenheit, aus Gründen, die mehr mit ihrer Identität und mit den in Bezug auf sie formulierten Interessen zu tun haben als mit ökonomischer Rationalität.

 


[1]   Vladimir Putin: Poslanie prezidenta Federal’nomu Sobraniju, 4.12.2014, <http://kremlin.ru/ events/president/news/47173>.

[2]   John Stuart Mill, Claims of Labour, in: Edinburgh Review, 81/164 (1845), S. 503, zitiert in: Peter A. Hall: The Political Power of Economic Ideas. Princeton 1989, S. 390.

[3]     Natalija Orlova: Finansovye sankcii protiv Rossii. Vljanie na ėkonomiku i ėkonomičeskuju politiku, in: Voprosy ėkonomiki, 12/2014, S. 55.

[4]   Anastasia Nesvetailova: The Offshore Nexus, Sanctions and the Russian Crisis. Istituto Affari Internazionali Working Papers, 15/2015.

[5]   Susanne Oxenstierna, Per Olson: The Economic Sanctions against Russia. Impact and Prospects of Success. FOI-R 4097, September 2015, S. 51–52.

[6]   Leontij Byzov: Konservativnyj trend v sovremennom rossijskom obščestve – istoki, soderžanie i perspektivy, in: Obščestvennye nauki i sovremennost’, 4/2015, S. 26–40.

[7]   Vladimir Putin: Poslanie Prezidenta Federal’nomu Sobraniju, 3.12.2015, <http://kremlin.ru/ events/president/news/50864>.

[8]   Popytka nesankcionirovannogo rosta. Kommersant’’, 30.4.2014, <www.Kommersant.ru/ doc/2463890>. – Heli Simola: Russiaʼs international reserves and oil funds, <www. suomenpankki.fi/bofit/tutkimus/tutkimusjulkaisut/policy_brief/Documents/2015/bpb0415.pdf >.

[9]   Roy Medvedev: Post-Soviet Russia. A Journey Through the Yeltsin Era. New York 2000, S. 60. – Zu den Verschwörungstheorien sowie zum Antiamerikanismus als Spielart des antiwestlichen Denkens in Russland: Lev Gudkov: Antiamerikanismus in Putins Russland. Schichten, Spezifika, Funktionen, in: Osteuropa, 4/2015, S. 73–98.

[10]  Sabine Fischer: Russlands Westpolitik in der Krise 1992–2000. Eine konstruktivistische Untersuchung. Frankfurt/Main 2000.

[11]  Roland Götz: Die Wirtschaftspolitik der belagerten Festung, in: Russlandanalysen, 305/2015, S. 13–17. – Ders.: Die andere Welt. Im Izborsker Klub: Russlands Antiwestler, in: Osteuropa, 3/2015, S. 109–138.

[12]  Evgenija Pis’mennaja: Glaz’ev ukažet kurs strane. Vedomosti 18.1.2013, <www.vedomosti.ru/ politics/articles/2013/01/18/glazev_ukazhet_kurs_strane>.

[13]  „Strategija-2020“ opjat’ zapazdyvaet. Kommersant”, 19.1.2012, <www.kommersant.ru/ doc/1853546>.

[14]  Nikolai Dzis’-Vojnarovskij: Ėkonomika RF možet uskorit’sja do 7 prozent v god. Čto RAN posovetovala Putinu? In: slon.ru, 21.2.2014, <http://slon.ru/economics/glazev_i_putin-1059491.xhtml>.

[15]  Popytka [Fn. 8]. – Dazu auch der Beitrag von Roland Götz in diesem Heft, S. xxx–xxx.

[16]  Popytka [Fn. 8].

[17]  Sojuz promyšlennikov i predprinimatelei Sankt-Peterburga: Aktual’nost’ priniatija zakona o promyšlennoi politike vozrastet, <http://spp.spb.ru/ru/node/5178>. – Pavel Dorochin: Zakon o promyšlennoj politike nazrel, <http://dorokhin-duma.ru/?p=565>.

[18]  Peter Rutland: The Place of Economics in Russian National Identity Debates, in: Pal Kolsto (Hg.): The New Russian Nationalism. Edinburgh 2015, <http://prutland.faculty. wesleyan. edu/files/2015/08/Rutland-economic-nationalism.pdf>.

[19]  Garegin Tosunjan: Bankizacija Rossii. Pravo, ėkonomika, politika. Moskva 2008, S. 43. – Federal’naya Služba Gosudarstvennoj Statistiki: Stepen’ iznosa osnovnych fondov na konec goda, <www.gks.ru/wps/wcm/connect/rosstat_main/rosstat/ru/statistics/enterprise/fund/>.

[20]  Paul R. Gregory, Robert C. Stuart: Russian and Soviet Economic Performance and Structure. Boston, San Francisco, New York 2001, S. 191.

[21]  Jurij Jaremenko: Ėkonomičeskie besedy. Zapis’ S.A. Belanovskogo. Moskva 1999, S. 40–41.

[22]  Marshall Goldmann: Petrostate. Putin, Power, and the New Russia. Oxford 2008, S. 13. – Philip Hanson: The Rise and Fall of the Soviet Economy. An Economic History of the USSR from 1945. London 2003, S. 130–131.

[23]  Jaremenko, Ėkonomičeskie besedy [Fn. 21], S. 27.

[24]  Adnan Vatansever: The Political Economy of Allocation of Natural Resource Rents and Fighting the Resource Curse. The case of oil rents in Putin’s Russia. Dissertation, Johns Hopkins University. Baltimore 2009, S. 315 und S. 321.

[25]  Evgenij Jasin: Novaja ėpocha, starye trevogi. Ėkonomičeskaja politika. Moskva 2004, hier „Strukturnaja politika“. – Ders.: Modernizacija rossijskoj ėkonomiki – čto v povestke dnja, in: Ėkonomičeskij Žurnal VŠE, 2/2001, <www.hse.ru/data/2010/12/31/ 1208181880/05_ 02_02.pdf>, S.158–178, hier S. 175.

[26]  Jasin, Modernizacija rossijskoj ėkonomiki [Fn. 25], S. 176.

[27]  World Bank: Gross capital formation, <http://data.worldbank.org/indicator/

NE.GDI.TOTL.ZS?page=3>

[28]  Vladimir Putin: Poslanie Federal’nomu Sobraniju Rossijskoj Federacii, 16.5.2003, <http:// archive.kremlin.ru/appears/2003/05/16/1259_type63372type63374type82634_44623.shtml>.

[29]  Dmitrij Medvedev: Tol’ko rost investicii obespečit sozdanie novoj ėkonomiki, <kreml.org>, 31.3.2011.

[30]  Dazu gehören die Rankings der Weltbank „Doing Business“ und „Governance Matters Index“, „Global Competitiveness Index“, „Global Enterpreneurship Monitor“, „IMD World Competitiveness Ranking“, der Indikator „Wirtschaftliche Freiheit“ der Heritage Foundation, der Korruptionswahrnehmungs-Index von Transparency International und diverse Länderrisiko-Indikatoren. Sie messen u.a. die Qualität der Institutionen, das Wirtschafts- und Investitionsklima sowie den Grad der wirtschaftlichen Freiheit; Vladimir Mau, Jaroslav Kuzminov u.a.: Strategija 2020: Novaja model’ rosta, novaja social’naja politika. Moskva: 2013, <http://2020strategy.ru/data/2012/03/14/1214585998/1itog.pdf>, S. 18.

[31]  Allerdings sprang Russland 2014, während der Ukraine-Krise, im „Doing Business“-Ranking um 30 Plätze nach oben und nahm die 62. Position ein, 2015 stieg es um weitere elf Positionen, <www.ft.com/intl/cms/s/0/dcfba6ca-7cb1-11e5-98fb-5a6d4728f74e.html>.

[32]  Stephen Gill: New Constitutionalism, Democratization and Global Political Economy, in: Pacific Review, 10/1998, S. 23–38, hier S. 25, zit. nach Ronen Palan: The Offshore World. Sovereign Markets, Virtual Places, and Nomad Millionaires. New York 2006, S. 13.

[33]  Palan, The Offshore World [Fn. 32], S. 14.

[34]  Mau, Kuzminov, Strategija 2020 [Fn. 30], S. 25.

[35]  World Bank: Gross capital formation (% of GDP), <http://data.worldbank.org/indicator/ NE.GDI.TOTL.ZS?page=1>

[36] Quellen: Russländische Zentralbank, Internationale Reserven der Russländischen Föderation, <www.cbr.ru/eng/hd_base/Default.aspx?Prtid=mrrf_m>. – Außenverschuldung der Russländischen Föderation, <www.cbr.ru/statistics/?PrtId=svs>. – Russländisches Finanzministerium, Gesamtvolumen des Stabilisierungsfonds, <http://old.minfin.ru/ru/ stabfund/statistics/volume/>; Russländisches Finanzministerium, Gesamtvolumen des Reservefonds, <www.minfin.ru/ru/perfomance/reservefund/statistics/volume/index.php>. –

Alexei Kudrin: Stabilizacionnyj fond: zarubežnyj i rossijskij opyt, in: Voprosy ėkonomiki 2/2006, <http://akudrin.ru/uploads/attachments/file/1/2-06.pdf>.

[37]      Russländische Zentralbank, Direktinvestitionen in die Russländische Föderation, http://www.cbr.ru/statistics/?Prtid=svs>.

[38]  Aleksandr Radygin, Aleksandr Abramov: Finansovyj rynok Rossii v uslovjach gosudarstvennogo kapitalizma, in: Voprosy Ėkonomiki, 6/2007, S. 28–44. – Nesvetailova, The Offshore Nexus [Fn. 4], S. 17.

[39]  Jakov Pappé: Rossijskij krupnyi biznes. Moskva 2009. – Ders.: Konec ėry oligarchov. Novoe lico rossijskogo biznesa, in: polit.ru, 5.7.2005, <http://polit.ru/article/2005/07/05/pappe/>. –Radygin, Abramov, Finansovyi rynok Rossii [Fn. 38], S. 42.

[40] World Bank: Foreign direct investment: net inflows (BoP, current US$), <http://data.worldbank.org/indicator/BX.KLT.DINV.CD.WD/countries?page=4&display=default>. – World Bank: Gross capital formation, <http://data.worldbank.org/indicator/ NE.GDI.TOTL.CD?display=default>.

[41]  Jedoch ließ die Verschlechterung der politischen Bedingungen etwa durch die Jukos-Affäre 2003 oder die Annexion der Krim und den Krieg in der Ostukraine die Bereitschaft ausländischer Geldgeber sinken, russländischen Unternehmen Geld zu leihen.

[42]  Mau, Kuzminov, Strategija 2020 [Fn. 30], S. 28.

[43]  Byzov, Konservativnyj trend [Fn. 6], S. 33.

[44]  Im Falle Russlands noch weniger, weil die Putin-Propaganda die Nation mit dem Staat und sogar mit Putin symbolisch gleichsetzt. Zur Konfusion des staatlichen und des nationalen Interesses im wirtschaftsnationalistischen Dogma: Eric Helleiner: Economic Nationalism as a Challenge to Economic Liberalism? Lessons from the 19th Century, in: International Studies Quarterly, 3/2002, S. 307–329, hier S. 310–311.

[45]  Helleiner, Economic Nationalism [Fn. 44], S. 319.

[46]  Die oben genannten Autoren beziehen sich nicht auf Attwood. Ihre „Vorstellung von Ökonomie“ ist eine krude Mischung von sowjetischen, keynesianischen und „heterodoxen“ Ideen; Alexander Libman: Eine zersplitterte Wissenschaft. Russlands Volkswirtschaftslehre und ihr politischer Einfluss, in: Osteuropa, 4/2015, S. 29–46, hier S. 36–38.

[47]  Helleiner, Economic Nationalism [Fn. 44], S. 319. Später entwickelte John Maynard Keynes (1883–1946) manche von Attwoods Postulaten weiter. Heutzutage gilt die Doktrin des makroökonomischen Aktivismus als veraltet.

[48]  Valerij Fadeev: Rossija – ėto ėnergetičeskaja sverchderžava, in: Nikita Garadža (Hg.): Suverenitet. Moskva 2006, S. 62–68. – Igor’ Lavrovskij: Mobilizacija bez šoka, in: Expert, 29/2014, <http://expert.ru/expert/2014/29/mobilizatsiya-bez-shoka>.

[49]  Ivan Rodionov: Otraslevye ministry dumajut o svoich otrasljach i sobstvennych biznesach, a dolgosročnaja ėkonomičeskaja politika okazalas neč’ej, in: Open Economy/opec.ru, 16.6.2006, <http://opec.ru/1096242.html>.

[50]  Rodionov, Otraslevye ministry [Fn. 49].

[51]  Ebd.

[52]  Prezident Rossii: Vstreča s učenymi-ėkonomistami RAN, 19.2.2014, Novo-Ogarevo, <http:// kremlin.ru/events/president/news/20291>. – Sergej Glaz’ev, Viktor Ivanter, Aleksandr Nekipelov: Rossija na puti k sovremennoj, dynamičnoj i ėffektivnoj ėkonomike. Moskva 2013, S. 37.

[53]  Izborskij Klub. Zavtra, 41/985, 3.10.2012, <http://zavtra.ru/content/view/izborskij-klub-2/>.

[54]  Glaz’ev, Rossija na puti [Fn. 49], S. 88–90.

[55]  Sergej Glaz’ev, Viktor Ivanter, Aleksandr Nekipelov, Ruslan Grinberg, Gleb Fetisov, Michail Eržov: O strategii razvitija ekonomiki Rossii. Moskva 2011.

[56]  Glaz’ev, Ivanter, Nekipelov, Rossija na puti [Fn. 49], S. 24–26, 48–57.

[57]  Stephen Fortescue: Russia’s „Turn to the East“: A Study in Policy Making, in: Post-Soviet Affairs 2015, DOI: 10.1080/1060586X.2015.1051750, S. 13.

[58]  Igor Semenenko: Fyodorov: FIMACO a scheme for theft. Moscow Times, 11.2.1999, <www.themoscowtimes.com/sitemap/free/1999/2/article/fyodorov-fimaco-a-scheme-for-theft/280485.html>.

[59]  Ewa Dabrowska, Joachim Zweynert: Economic Ideas and Institutional Change: The Case of the Russian Stabilisation Fund, in: New Political Economy, 4/2015, S. 518–544.

[60]  Fadeev, Rossija [Fn. 48].

[61]  Clifford Gaddy, Barry Ickes: Russia after the Global Financial Crisis, in: Eurasian Geography and Economics, 3/2010, S. 281–311.

[62]   Russländisches Finanzministerium, Gesamtvolumen des Nationalen Wohlfahrtsfonds, <www.minfin.ru/ru/perfomance/nationalwealthfund/statistics>

[63]  Zum Verzeichnis der Investitionsprojekte: Ewa Dabrowska: Inlandsinvestitionen und Deofžorizacija. Ein Paradigmenwechsel in der russländischen Finanzpolitik? In: Russland­analysen, 299/2015, S. 9–13.

[64]  Jakunins Entlassung, die der Öffentlichkeit am 20.8.2015 als freiwilliger Rücktritt dargestellt wurde, gilt Beobachtern als Teil einer Strategie Putins zur Disziplinierung der Elite.

[65]  Fancy footwork. How businesses linked to blacklisted oligarchs avoid Western sanctions, in: Economist, 14.2.2015, <http://www.economist.com/news/business/21643122-how-businesses-linked-blacklisted-oligarchs-avoid-western-sanctions-fancy-footwork>.

[66]  Renata Jambaeva: Ja v takich voprosach ne torgujus. Interview mit Arkadij Rotenberg. Kommersant.ru, 30.1.2015, <www.kommersant.ru/doc/2656491>.

[67]  Feder Blinov: Deofšorizacija povysit ėkonomičeskij potencial Rossii, in: Ėkspert Severo-Zapad, 9.2.2015.

[68]  Nesvetailova, The Offshore Nexus [Fn. 4].

[69]  Dmitrij Klenov: Sdelka s gosudarstvom: čto nužno znat’ ob amnistii kapitala. RBK, 1.7.2015, <www.rbc.ru/opinions/society/01/07/2015/5592a4559a794758ac050e4c>.

[70]  Putin, Poslanie [Fn. 7].

[71]  Rustem Falyakhov: S legkim košel’kom na rodinu. Gazeta.ru, 19.12.2013, <www.gazeta.ru/ business/2013/12/18/5810077.shtml>.

[72]  Natalija Telegina: Begušče milliardery. Počemu gerojam Forbes teper’ lučše ne žit’ v Rossii. Slon.ru, 19.3.2014, <https://slon.ru/posts/49438>.

[73]  Zum populären Verständnis der Offshore-Vorliebe der Oligarchen als „unpatriotisch“: Viktor Pelevin: P5 Proščal’nye pesni političeskich pigmeev Pindostana. Moskva 2008.

[74]  Jurij Knjazev: Kakoj sleduet byt’ promyšlennoj politike Rossii, in: Svobodnaja mysl’, 4/2015, S. 93–104.

[75]  Federal’nyj zakon Rossijskoj Federacii ot 31 dekabrja 2014 g. N 488-F3. Rossijskaja Gazeta 12.2.2015, <www.rg.ru/2015/01/12/promyshlennost-dok.html>.

[76]  Butrin, Popytka [Fn. 8].    [Butrin, Popytka gibt es nicht, nur Popytka [Fn. 8] xxx

[77]  Alexandr Orlov: Importozameščenie bez deneg umret, ne rodivšis. Gazeta.ru, 13.2.2015, <www.gazeta.ru/business/2015/02/12/6410281.shtml>. – Tatjana Zykova: MER vybralo banki dlja učastija v programe proėktnogo finansirovanija. Rossijskaja Gazeta, 26.12.2014, <www.rg.ru/2014/12/26/banki-site.html>.

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