Titelbild Osteuropa Edition Osteuropa 1/2014

Aus Edition Osteuropa 1

Erinnern als staatliche Veranstaltung
Geschichte und Herrschaft in Russland

Boris Dubin

Abstract

Der Sieg im Großen Vaterländischen Krieg ist in Rußland zum zentralen Symbol der kollektiven Erinnerung geworden. Nur scheinbar wird jedoch des Krieges gedacht. Tatsächlich handelt es sich um eine Sehnsucht nach der Brežnev-Zeit. Diese Ära, in der die heroischen, von jeglichem Leid gesäuberten Vorstellungen von diesem Krieg geschaffen wurden, gilt nach einem Jahrzehnt des sozialen Niedergangs als goldene Zeit materiellen Wohlstands und nationalen Ruhms. Dieses Bild greift heute eine neue Generation auf und paßt es den aktuellen Bedürfnissen an. Wie die alte Repräsentation des Krieges im kollektiven Gedächtnis basiert auch die neue Erinnerung auf Großmachtphantasien, sozialer Passivität und Isolationismus, den Ingredienzien autoritärer Regime.

(Edition Osteuropa 1, S. 121–132)