Titelbild Osteuropa 11/2010

Aus Osteuropa 11/2010

Kreative Selbstartikulation und Verbot
RuNet und die Tradition des Samizdat

Henrike Schmidt


Abstract in English

Abstract

Autoren und Blogger, die sich im russischen Internet artikulieren, stellen sich mitunter in die Tradition des Samizdat. Einige machen es, um das eigene Schaffen zu nobilitieren. Andere stilisieren sich so als Verteidiger der Freiheit im Kampf gegen rechtliche Normen und staatliche Eingriffe ins Netz. Wer Samizdat nicht als Eigenzuschreibung, sondern als analytische Kategorie nutzt, erkennt die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem historischen und dem digitalen Samizdat. Beide zeichnen sich durch eine potentielle Widerständigkeit gegen Kontrolle und Zensur aus. Was die Zugänglichkeit, die Produktionsform, den Vertrieb und die Reichweite betrifft, überwiegen die strukturellen Unterschiede. Das RuNet bietet einen Raum zur Selbstartikulation. Per se ist er weder ein Raum der Gegenöffentlichkeit noch der Gesellschaftskritik noch der Gegenkultur.

(Osteuropa 11/2010, S. 85–104)